65: ALBUM AMICORUM – SONNEWALDE – "DENKMAHL DER FREUNDSCHAFT"

(Rückentitel). Stammbuch des Friedrich Poeschke. Mit 55 Einträgen u. a. aus Crossen bei Zeitz, Düben, Eilenburg, Liebenburg, Luckau, Nickelsdorf, Sonnewalde und Zschepplin, dat. 1817-30. Qu.-8º (12,1 x 19,7 cm). Mit aquarelliertem Titel, 8 tls. ganzseit. aquarellierten Zeichnungen, lavierter Tuschezeichnung, Bleistiftzeichnung, je einer Stick – und einer Stoffbordüre, Stickbild auf Seide und 2 aquarellierten Bordüren. 110 nn. Bl. (einige weiß). Ldr. d. Zt. mit 2 Rsch. (oberes: Titel, unteres "F. M. Poeschke"), Rücken-, Deckel – und Stehkantenvg., auf dem Deckel dat. 1817, sowie dreiseit. Goldschnitt (Rücken alt und unter Verwendung alten Materials erneuert, etw. beschabt und bestoßen). (74)
Schätzpreis: 1.200,- €


Ein mit hübschen Bildbeiträgen versehenes Album aus der südlichen Mark Brandenburg, darunter eine ganze Reihe von Einträgen Bediensteter des Schlosses Sonnewalde. Der Renaissancebau erlebte in der Zeit unseres Albums als Residenz der Standesherrschaft Sonnewalde einen Neubeginn, nachdem das Schloss 1815 an Preußen gekommen und die bisherige regierende Solmser Linie 1814 ausgestorben war. Die Herrschaft mit Schloss wurde nun an die Linie zu Solms und Tecklenburg verlehnt.

Eingetragen haben sich u. a. ein Schlossjäger Wilhelm Ulbricht, ein Forstpraktikant Friedrich Ulbricht (wohl der Sohn), ein Revierförster, mehrere Mitglieder der offenbar dort beschäftigten Familien Göllnitz und Mund sowie ein August Höhnemann, der der Schwager des Eigners war. Förster war auch Friedrich Ferdinand Gastell, der sich in Nickelsdorf eingetragen hat, ein Johann Traugott Frey war Gärtner. Der Drechslermeister Heinrich August Spiess aus Luckau wäre heute wohl vergessen, wäre er nicht 1848 wegen "bedeutender Veruntreuung" zur Fahndung ausgeschrieben worden.

Die akademischen Inskribenten waren überwiegend Juristen bzw. Jurastudenten, die später meist in der Verwaltung Karriere gemacht haben, daneben auch Theologen, am bekanntesten wohl Gottlob Christian Stöhr, der 1833-1861 Oberpfarrer in der Kirchengemeinde Lippehne gewesen ist. Ein Johann Gottlieb Riehle war Kaufmann (Expedient). Er hat sich vor einem Freundschaftsmonument in vornehmer Kleidung dargestellt.

Aus den verschiedenen Einträgen lässt sich schließen, daß Poeschke Jurist und Verwaltungsbeamter in Sonnewalde gewesen ist. Seinen ersten Vornamen nennt der Eintrag, der auf den Titel folgt. Gestorben ist er wohl 1832 in Wittmannsdorf in der Märkischen Heide, wo in diesem Jahr auch sein Nachlass eine "Büdnernahrung" (ein ländliches Gutsanwesen) versteigert worden ist.

Die Bildbeigaben sind meist recht dekorativ, manche durchaus auch von Qualität. Der aquarellierte Titel "Der Freundschaft geweihet von Poeschke" stammt vom Eigner selbst. Häufiger kommt das Thema Memento mori vor, darunter eine etwas unheimliche Darstellung eines fliegenden Schmetterlings von unten, dessen einer Flügel so ausgeschnitten ist, dass beim Aufklappen auf dem Folgeblatt ein Totenschädel sichtbar wird. Ein ganzseitiges Sinnbild verdeutlicht den Segen Gottes über Stadt und Land. Originell auch ein Wachsoldat, dem auf die Frage "Wer da?" entgegnet wird: "Ihr Freund Heinrich Gössel". – Stellenw. mit Wasserrändern und verlaufenden Farben (bei dem Seidenstickbild mehrere Bl. betreffend), sonst meist nur leicht fleckig und gebräunt.