145: ZIERL – ZIERL, L.,

(Agrarwissenschaftler, 1797-1844). E. Manuskript: "Mathematisch – physikalisch – chemische Preisfrage des Jahres 1816/7: ob sich zwischen Mathematik, Physik u. Chemie eine bestimmte Grenze angeben lasse od. nicht? bearbeitet mit dem Moto: O Physice, Philosophiam cave! Newton." Dat. 29. 8. 1817. 4º (21,3 x 17,8 cm). Durchgehend blind regliert. Titel mit gesiegeltem Eckabschnitt zur Verdeckung des Verfassernamens. 104 nn. Bl. Pp. d. Zt. (etw. beschabt und bestoßen). (14)
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Der bayerische Pionier der Agrarwissenschaft, Lorenz Zierl, geboren in Furth im Wald, machte schon als Student der Medizin, Naturwissenschaften und Chemie an der Universität Landshut durch eine außergewöhnliche Begabung auf sich aufmerksam. Im Jahr 1814 hatte er mit dem Studium begonnen und wagte sich schon 1816/17 an die Beantwortung gleich zweier Preisfragen der Universität, die eine über das Verhältnis von Natur(wissenschaft) und Philosophie, die andere zur Grenzziehung zwischen den Naturwissenschaften Mathematik, Physik und Chemie. Diese Grenzen waren bis in die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts relativ offen und nicht exakt definiert (vgl. das Handbuch Wissenssoziologie und Wissensforschung, 2018, S. 816). Diese Preisfrage, die die naturwissenschaftliche (bzw. medizinische) Fakultät im Wintersemester 1816/17 gestellt haben muss, konnten wir nicht nachweisen. Sie war jedenfalls bereits die zweite von Zierl beantwortete. Zuvor hatte er erfolgreich jene des Jahres 1816 aus der philosophischen Fakultät beantwortet, deren Thema ähnlich war: „Ist eine Naturphilosophie denkbar, wenn mit jedem der Worte Natur und Philosophie ein bestimmter Sinn verbunden wird?“ Laut Zeitungsmeldungen wurden hierzu vier Arbeiten eingereicht, zwei davon wurden preisgekrönt, neben Zierl auch die des Juristen Johann Baptist Attenberger (Kgl.-Bayer. Regierungsblatt, II. Stück, München, 22. 1. 1817). Zierl konnte nicht zuletzt aufgrund dieser zwei gekrönten Preisschriften sein Studium 1819 als Doktor der Medizin und Doktor der Philosophie mit Auszeichnung abschließen. Ihm eröffnete sich damit in München eine vielversprechende wissenschaftliche Karriere, die nur sein früher Tod mit 47 Jahren vorzeitig beendete.

Die Bedeutung unseres Manuskripts liegt nicht nur darin, dass sie ein umfangreiches, sehr sauberes Autograf Zierls ist, vielmehr handelt es sich bei ihr um ein noch unveröffentlichtes Stück Wissenschaftsgeschichte am Beginn des 19. Jahrhunderts im Bereich der dringend notwendig gewordenen Abgrenzung der naturwissenschaftlichen Disziplinen gegeneinander. Eine gründliche Auswertung der Schrift dürfte sich in jedem Fall vom wissenschaftshistorischen Standpunkt sehr lohnen. – Vereinzelt fleckig, gering gebräunt.