75: BUNSEN, E. VON,

Schriftsteller (1819-1903). E. Brief mit U., dat. "Hotel de Russie" (Rom), 7. 2. 1868 und drei Manuskripte in Anlage von anderen Händen, um 1868. Gr.-4º (28,4 x 22 cm – Brief) und Gr.-Fol. (35,7 x 22 cm). Doppelbl. mit 4 Seiten Text (Brief), 15 nn. Bl. (Manuskripte). Beschäd. Fadenbindung d. Zt., Deckblatt beschriftet: "P. Friedrich Karl" und "von von Bunsen". (134)
Schätzpreis: 300,- €


Ein Begleitschreiben zur Übersendung dreier Anlagen mit einigen inhaltlichen Erörterungen an den preußischen Prinzen und Generalfeldmarschall Friedrich Karl von Preußen (1828-1885). Dieser war an der Orientalistik interessiert und offenbar auch sehr an den Wurzeln der christlichen Religion. – Der Brief beginnt mit der Aufzählung der beigefügten Unterlagen. Das erste Manuskript "Gedanken zur Widerlegung der Reformations-Predigt in der Schloßkirche zu Coblenz, am 3. November 1867" wurde offenbar niemals veröffentlicht. Bunsen hat die Handschrift am Ende des Briefes zurück erbeten, da er "sie ohne Concept geschrieben" habe – was offenbar auch erfolgt ist. – Der zweite Posten war eine gedruckte Rezension über sein "erstes Werk" ("Hidden Wisdom of Christ", 1865), der dritte ein Exemplar von "The Keys of St. Peter", seines zweiten publizierten Werks, das er bescheiden als "zusammengedrängte Uebersicht die Geschichte der Keniter enthaltend" bezeichnet. Er könne die Lektüre mit Ausnahme der Vorrede und der Einleitung nicht empfehlen, zumal er ein "umfassendes Werk in deutscher und französischer Sprache" vorbereite. Es folgt eine fast zwei Seiten lange Zusammenfassung der Thematik, die er darin "geschichtlich auszuführen bestrebt" sei. Die angehängten englischen Manuskripte, überschrieben mit "Preface" und "Introduction" sind die zur Lektüre empfohlenen Vorstücke aus "The Keys of St. Peter", wahrscheinlich von einem Kanzlei-Kopisten des Prinzen aus dem Buch angefertigt (3 Bl. und ein leeres).

Von der Hand eines professionellen Schreibers wohl ebenfalls das folgende Manuskript, das sich grundsätzlich mit den tradierten Grundlagen der christlichen Glaubenslehre, dem Zusammenhang mit dem alten Testament und dem Papsttum auseinandersetzt (7 Bl.). Darin dürfte Bunsen, der Sohn eines preußischen Diplomaten am Vatikan war, seine wesentlichen Überzeugungen zusammenfassen. Die Schrift ist in dieser Form nicht publiziert, insofern von großer Bedeutung, gehörte aber wohl nicht zu den Beilagen unseres Briefs und muss später hinzugekommen sein. Der letzte Abschnitt ist überschrieben: "Was noth thut. Wiedereinführung allgemeiner Concilien unter Vorsitz des Pabstes" sowie die allgemeine Anerkennung desselben als höchste kirchliche Instanz – Bunsens Positionierung im Kulturkampf, der um diese Zeit (1865/70) voll im Gange war. Bezeichnenderweise ist hier die päpstliche Position dargelegt, die Bunsen vertreten und begründet hat, während der preußische Adressat (sicherlich) auf der Gegenseite gestanden hat.

Bei den lose beiliegenden Ausführungen zum sogenannten "Brief an Diognet", einer Schrift aus dem nachapostolischen Zeitalter, ebenso wie zu der "Hirt des Hermas" genannten Schrift, dürfte es sich um Zusammenfassungen aus der Forschung über frühchristlches Schrifttum im mittleren 19. Jahrhundert handeln, an der sich auch Bunsen lebhaft beteiligt hat (siehe z. B. Lechler, Das apostolische und das nachapostolische Zeitalter, Stuttgart 1857). – Tls. mit Randläsuren und kleinen Einrissen, Deckblatt mit Klebstreifenspur, Ränder etw. gebräunt, stellenw. leicht fleckig. – Interessantes Dokument zur Kirchengeschichte.