63: ALBUM AMICORUM – "ERINNERUNG MEINER FREUNDE 1797".

Stammbuch des Öttinger Apothekers Franz Friedrich Großkopf mit ca. 65 Einträgen aus Augsburg, Heidenheim, Öttingen, Regensburg u. a., dat. 1797-1806. Qu.-8º. (11,9 x 18,1 cm). Mit aquarellierter Titelbordüre, 4 aquarellierten, tls. ganzseit. Zeichnungen, lavierter Tuschezeichnung, kleiner Bleistiftzeichnung und kolor. Kupferstich im Rund. 1 nn. Bl., 337 hs. pag. S., 19 nn. Bl. (davon auf 14 Bl. Register, die letzten 5 leer) – ohne die S. 113f., 119-122, 128f., 149f., 153f., 195f., 201f., 205f., 223f., 237f., 273f., 281-283, 292f., 314f., 332f. – alle herausgeschnitten). Ldr. d. Zt. mit Vg. (Deckel lose, stark beschabt und bestoßen). (45)
Schätzpreis: 450,- €


Das Album eines Apothekers mit einigen prominenten und vielen erschließbaren Einträgern war einst wohl prächtig ausgestattet, doch wurden leider 17 Blätter, die alle Bildbeigaben enthalten haben dürften, nachträglich entfernt. Die schriftlichen Einträge werden aber weitgehend erhalten sein. Der Eigner war Franz Friedrich Großkopf, Hof – und Stadtapotheker in Öttingen im Ries. Seine Lebensdaten haben wir erschlossen, 1776-1851, er starb in Nürnberg im Alter von 75 Jahren. Auf dem ersten Blatt findet sich sein datierter unscheinbarer Besitzvermerk "Großkopf 1797".

Zu den bekanntesten Einträgern zählen der Augsburger Apotheker, Botaniker und Verfasser der "Augsburgischen Blumenlese" Johann Wilhelm von Alten (1770-1854) sowie der Gründer des Polytechnischen Journals, der Chemiker und Fabrikant Johann Gottfried Dingler (1778-1855). Dieser war seit 1800 in Augsburg ansässig, in das Stammbuch hat er sich 1806 in Öttingen eingetragen und ein Aquarell mit der Darstellung der Blüte einer Herbstzeitlosen beigegeben.

Als bedeutendster Einträger könnte der Dichter Christoph August Tiedge (1752-1841) gelten, doch ist fraglich, ob die Gedichte am Anfang des Albums, "Trennung" und "In ein Stammbuch", von seiner Hand stammen. Beide Texte sind erst spät im Druck erschienen, und zwar in den "Deutschen Theeblättern" (Nr. 27, 1839), für die Tiedge geschrieben hat. Sollten die Gedichte in der Zeit der übrigen Einträge, also bis etwa 1806, in das Album eingetragen worden sein, dann lange vor der Veröffentlichung entweder von Tiedge selbst oder von jemandem aus seinem Umkreis. Unsere Einträge sind damit wohl der früheste Nachweis für beide Texte, die vor 1839 nicht bekannt geworden sind.

Weitere Einträge von namhaften Zeitgenossen stammen von dem Kammerrevisor Korhammer aus Öttingen, dem Augsburger Verleger Frank, dem bekannten Zeichner, Grafiker, Juristen und späteren Bürgermeister von Nördlingen, Friedrich Wilhelm Doppelmayr (1776-1845), der sich als Student 1801 in Augsburg "auf meiner Reise" eingetragen hat, ebenso wie der Regensburger Portraitmaler Joseph Bouillot (1774-1832), mit Eintrag Regensburg 1797. Der Frankfurter Uhrmacher Carl Friedrich Mylius (1773-1845) war der Vater des berühmten Fotografen gleichen Namens. Die qualitätvollste erhaltene Miniatur in diesem Stammbuch ist die Darstellung einer Baumruine in weiter Landschaft, signiert "Carl Hof".

Unter den übrigen Beiträgern finden sich viele Beamte und Juristen, etwa, mit langem Eintrag, der Augsburger Advokat Philipp Jakob Hindennach (gestorben 1843). Johann Christoph Oertel war Buchhalter im Pfandamt in Regensburg und Verfasser einer handgeschriebenen Chronik der Stadt, weiterhin der kgl.-bayerische Advokat und Landwehrhauptmann Johann Leonhard Schlez, der spätere Hauptzollamtskontrolleur Joachim Nikolaus Gechter aus Bruck bei Erlangen, Wolfgang Friedrich Müller, Stadt – bzw. Gerichtsschreiber, ein Mitglied der Familie Weißmann aus Erlangen, Karl Friedrich Giesberg, Rentamtmann aus Ansbach (mit kleiner Bleistiftzeichnung einer Urne im Rund). Apotheker-Kollegen sind ein Herr Spieß aus Ansbach, Christian Friedrich Moser aus Heidenheim (Eintrag: Regensburg, Oktober 1797) und aus Öttingen der Apotheker Heunisch. Chirurg und Geburtshelfer war Matthias Conrad Burkhardt aus Heidenheim. Der Hauptmann im Bataillon Schwabmünchen Anselm Jacob war, nomen est omen, ein deutscher Jakobiner, den Idealen der französischen Revolution verpflichtet, was er in einem Aquarell mit einer Säulenbasis darstellt, darauf die französischen Nationalfarben mit Aufschrift "jamais ésclave" (Eintrag Öttingen 1799), ebenso der Öttinger Gärtnermeister Johann Jakob Beyhl (mit lavierter Tuschezeichnung), auch er ein Anhänger der französischen Revolution. Mehrere Einträger stammten aus Bayreuth (J. A. Baumann, A. Butters, Lindner, G. Prediger, J. A. Scholler, H. Zscherp), eingetragen meist in Regensburg, einzelne auch aus Tirol (Elbigenalb etc.). – Auf feinem Honig & Zoonen-Bütten. – Leicht fleckig und gebräunt.