18: ALTÖTTING – ANTIPHONAR –

"Cygnos prole pia benedicat Virgo Maria sit laus Chara Deo Matre favente Choro." Lateinische Handschrift auf festem Bütten. (Altötting), dat. durch mehrere Chronogramme: 1761. Imp.-Fol. (45 x 30 cm). Schrift des Titels und der Chronogramme in Schwarz und Rot. 12 Zln. in fünfliniger Notation. 2 nn. Bl., 127, LXVI, 67 S., 3 nn. Bl. Blindgepr. Schweinsldr. über 7 Bünden (Kapital etw. eingerissen; leicht fleckig, etw. berieben und bestoßen). (75)
Startpreis: 900,- €
Ergebnis: 900,- €


Das guterhaltene Antiphonar wurde für das Franziskanerkloster in Altötting angefertigt (hs. Titel auf dem Rücken: „Chorale Vet. Oetting.“) Wie in der Endphase dieser großen Tradition üblich, ist man hier buchkünstlerisch auf dem Niveau einer Gebrauchshandschrift angelangt: Der Verzicht auf sämtlichen Buchschmuck führt dazu, dass nicht einmal kleinere Initialen die wichtigen Anfänge kennzeichnen, und die Schrift ist zwar klar, aber ohne jeden Anflug von Kalligraphie.

Als Schreiber nennt sich auf der Titelrückseite der R(everendus) P(ater) Leovigildus Schranck (Leovigild Schrank); „Reverendus Pater“ ist der Titel eines Bruders, der ein Amt ausübte oder ausgeübt hatte, in diesem Fall war er der (frühere) Guardianus des Franziskanerklosters Altötting, geboren in Straubing. Dies ist dem Kolophon zu entnehmen, sonst erfährt man über ihn nur sehr wenig. Josef Wolfgang Eberl erwähnt ihn in seiner Geschichte der Stadt Dingolfing, Freising 1856, S. 137, im Zusammenhang der Feierlichkeiten zum 300. Jahrestag der Erbauung der Dingolfinger Stadtpfarrkirche als „hiesiger Quadrian“, der am ersten Tag der Feierwoche im Sommer 1767 das Hochamt gehalten habe. Er war wohl später an das örtliche Franziskanerkloster gewechselt. Sogar einen Widmungsträger nennt das Kolophon, den eifrigen Kantor und Chorregenten des Konvents, Melanius Kellner („zeloso Chori huiatis regente“), von dem bekannt ist, dass er in Nittenau geboren wurde und „Chori regens et Cantor inter primos“ gewesen ist. Er starb am 9. 10. 1774 in Dingolfing. – Dass unser Antiphonar für die Franziskaner in Altötting bestimmt war, erweist auch der Eintrag zum Fest der hl. Anna, die dort als „Patr(ona) Conventus“ bezeichnet wird. – Der Titel ist eine seltsame Veränderung der gängigen Segensformel „Nos cum prole pia…“, warum hier Nos durch Cygnos (Akkusativ Plural von Cygnus, Schwan) ersetzt ist, der Segen also den Schwänen gelten solle, erschließt sich nicht. Vielleicht ist damit der Singschwan „Cygnus musicus“ gemeint, quasi als Symbol der Chorsänger. – Einzelne alte Tekturen; Titel mit rasiertem Stempel, leicht gebräunt, minimal fleckig.