3622: STUCKENBERG, FRITZ

(München 1881-1944 Füssen; Zuschreibung), Industrielandschaft. Öl auf Leinwand, auf Holz. Nicht sign. und dat. (um 1920). 39,7 x 49 cm. – Gerahmt. (27)
Startpreis: 8.000 - 12.000,- €


Stuckenberg brach ein Architekturstudium ab, um an den Akademien in Weimar und München zu studieren. 1907 zog er in die bedeutendste Künstlermetropole seiner Zeit, nach Paris. Hier gehörte er zum Kreis des „Café du Dôme“, fand sich inspiriert und zu Licht und Farbe befreit. Er nahm an den großen Pariser Salons teil und stellte in Galerien aus. 1912 lebte er in Berlin und wurde wenige Jahre später dort von Herwarth Walden entdeckt und in den Sturm-Kreis aufgenommen. Drei Jahre später, 1919, war er jedoch von der Entwicklung enttäuscht, löste sich von Walden und schloss sich der späteren Novembergruppe um Walter Gropius und Bruno Taut an. In seiner Berliner Zeit verzeichnete er große Erfolge, wurde vielfach ausgestellt und zählte zu den wichtigen Vertretern der europäischen Avantgarde. Seine Werke waren in den USA, Deutschland und bis Moskau zu sehen. Eine schwere Erkrankung und die damit einhergehende wirtschaftliche Not zwangen ihn Anfang der 1920er Jahre dazu, in die Stadt seiner Kindheit, nach Delmenhorst, zurückzukehren. Hier bemächtigte sich eine gewisse Dunkelheit und Spiritualität seiner, was die maßgebliche Stimmung seines Spätwerks werden sollte.

Unser sorgfältig komponiertes Gemälde ist dieser Phase seines Schaffens zuzuordnen. Der leicht pastose Farbauftrag scheint chaotisch, ist dabei aber sorgfältig gesetzt, für Tiefe und zusätzliche Struktur wurde im Gebäude rechts mit der Spitze des Pinselstiels in der nassen Farbe nachgearbeitet. Das Wasserbecken wirkt wie ein „Lichtblick“ zwischen all den hoch aufragenden Schloten und Häusern, auch die helle Färbung des verdeckt liegenden Horizonts gibt Hoffnung auf Besserung jenseits des bedrückenden Diesseits. – Stuckenbergs Oeuvre galt unter den Nationalsozialisten als entartet, zahlreiche Werke wurden aus öffentlichen Sammlungen beschlagnahmt und der Künstler geriet für ein halbes Jahrhundert in Vergessenheit. Erst 1993 würdigte eine Retrospektive in Delmenhorst, Berlin und Neuss ihn als wichtigen Teil der Avantgarde. – Mit vereinzelten, dezenten Retuschen. – Verso auf dem Rahmen modern beschriftet „Prof. Stuckenberg Fritz“.