Highlights der kommenden Auktion 68

Der früheste Textzeuge eines Werks von Dioscurides – 

Zwei Einzelblätter aus dem ältesten Textzeugen des „Dioscurides latinus“.

Von Dioskurides im ersten nachchristlichen Jahrhundert in griechischer Sprache verfaßt, behandelt die Arzneimittellehre („De materia medica“) über 1000 Heilmittel. Unsere Blätter entstammen dem fünften Buch, das sich mit verschiedenen Arten von Wein und ihren gesundheitlichen Wirkungen befaßt.

Beide Blätter können einer von Peter Christian Jacobsen (in: Scriptorium 64 (2010), S. 185-226) rekonstruierten Handschrift zugeordnet werden, die in die zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts zu datieren und wohl nach Westfrankreich zu lokalisieren ist. Die Fundorte der übrigen bekannten Fragmente aus diesem Codex in alten Drucken und Inkunabeln lassen den Schluß zu, daß er zu Beginn es 16. Jahrhunderts in Nürnberg zerlegt und als Buchbindermaterial wiederverwendet wurde. Somit verdienen unsere beiden in der Forschung bislang unbekannten Blätter auch aufgrund ihres guten Erhaltungszustandes, ohne Spuren einer ehemaligen Verleimung, besondere Beachtung.

 

Schätzpreis Objekt A 6.000,- €

Schätzpreis Objekt B 8.000,- €

 

Musik

Aus unserer Musikabteilung mit Rarissima und Entdeckungen der Musik von ca. 1750-1830. Die Einlieferung einer größeren Musikaliensammlung offenbart Sensationelles. Mehr Details siehe >> hier

Unter zahlreichen unbekannten oder verschollenen Notendrucken mehr oder minder bekannter Komponisten fand sich auch eine äußerst frühe Abschrift von Mozarts berühmter Alla-turca-Klaviersonate (A-Dur, KV 331). Da das Autograph dieser Sonate lediglich in Bruchstücken überliefert ist, liegt hier demnach die früheste bekannte komplette Fassung der Sonate vor. Dies haben uns die Mozartforscher Dexter Edge und Wolf-Dieter Seiffert bestätigt, denen es gelungen ist, den Kopisten durch Vergleiche zu identifizieren. Unsere Abschrift ist daher noch in die Zeit vor dem Wiener Erstdruck von 1784 zu datieren und enthält einige erhebliche Abweichungen zur Druckfassung.

Schätzpreis 25.000,- €

Martin Heidegger „Was ist Metaphysik“

Eine besondere Entdeckung unter den Einlieferungen zur Auktion 68 war der Fund eines Typoskripts in einem Widmungsexemplar* des Erstdrucks von Martin Heideggers berühmtem Vortrag „Was ist Metapysik?“.

Dieses Typoskript konnte von uns als die Vortragsfassung der Freiburger Antrittsvorlesung vom 24. Juli 1929 identifiziert werden. Es stammt aus dem Nachlass des bekannten Philologen Ernst Zinn (1910-1990). Der noch im selben Jahr im Druck erschienene Text ist eine der bedeutendsten philosophischen Schriften des 20. Jahrhunderts. Ist die Forschung bislang davon ausgegangen, der Druck sei mit dem tatsächlich vorgetragenen Text identisch, so erweist unser Fund nun, dass es zwischen beiden Fassungen erhebliche Abweichungen gibt. Ganze Passagen sind anders formuliert, selbst im Bereich der Kernaussagen, etwa bei der Zusammenfassung am Schluss. Nach eingehender Untersuchung unseres Typoskripts kam der St. Gallener Heidegger-Forscher Dieter Thomae zu dem Ergebnis, dass unsere Textfassung auf Heidegger selbst zurückgehen muss und nicht etwa auf einen Studenten, der eine Nachschrift angefertigt hat. Dies deckt sich mit der eigenhändigen Notiz, die Zinn auf der ersten Seite gemacht hat: „Martin Heideggers Schreibmaschinen-Manuskript der Freiburger Antrittsvorlesung vor der Veröffentlichung.“ – Unsere vorsichtige Einschätzung dieses für die Geschichte der Philosophie des 20. Jahrhunderts unschätzbaren Dokuments beträgt 8.000 Euro.

* Dieses ebenfalls in unserer Auktion, mit persönlicher Widmung von Martin Heidegger an Walburga Gaehtgens (1915-2002), die seit 1938 Ehefrau des Philologen Ernst Zinn (1910-1990) gewesen ist.

Dokument zum Hitler-Ludendorff-Prozess – mit den Originalsignaturen aller Angeklagten

Fotografie vom Hitler-Ludendorff-Prozess:  Eine Fotoaufnahme vom 1. April 1924, die die gesamte Gruppe der Angeklagten des Hitler-Ludendorff-Prozesses zeigt. Das Bild dürfte im Hof der Zentralen Infanterieschule der Reichswehr in München vor Prozessbeginn entstanden sein. Ein höchst bedeutendes historisches Dokument mit originalen Signaturen. Die von Heinrich Hoffmann angefertigte Aufnahme zeigt nicht nur einen größeren Personenkreis als die bisher bekannte Fassung im Bundesarchiv, sondern trägt zudem auf der Rückseite einen montierten Papierbogen mit den originalen Signaturen aller zehn anwesenden Angeklagten: Hitler, Ludendorff, Röhm, Pernet, Weber, Frick, Kriebel, Pöhner, Brückner und Wagner.

In dieser Form ein einmaliges Dokument von hohem historischen Rang.

Schätzpreis 10.000,- €

Einzelblätter

Illuminierte Antiphonarblätter, um 1500.

 

Missale speciale Augustense. Augsburg, E. Ratdolt, 1505. Fol.

Aus der Bibliothek des Herzogs Robert von Parma Mit altkolor. Kanonholzschnitt, altkolor. Wappenholzschnitt und großer Druckermarke, beide in Zweifarbendruck, sowie einigen großen, zweifarbig gedruckten schwarzgrundigen Initialen (eine altkoloriert). 9 nn. Bl., num. Bl. I-XXVI, 5 nn. Bl. (der nicht num., auf Pergament gedruckte Kanonteil entspricht fol. XXVII-XXXI), num. Bl. XXXII-XCIII.  E Blindgepr. Schweinsldr. d.

Zt. auf Holzdeckeln (etw. fleckig, beschabt und bestoßen) mit ziselierten Eck- und Mittelbeschlägen (hinterer fehlt) sowie zwei intakten ziselierten Messingschließen. Eines von vier bekannten Exemplaren.

Schätzpreis 30.000,- €

Zeiller, M – Fidus Achates, qui peregrinationis atque  itineris sui socium & comitem … accurate & solicite monet.

E Germanico Latinus factus a quodam Apodemophilo. (Amsterdam, Janssonius, 1658). 12°. Mit doppelblattgr. gestoch. Titel, Wappenkupfer auf dem Titel verso, 135 (statt 138; 133 doppelblattgr., 2 gefalt.) Kupfertafeln und gefalt. Kupferstichkarte. 5 Bl., 672 S. (ein Bl. zwischengeb.), 69 Bl. (Register).  Pgt. d. Zt. (Rücken gebrochen, fleckig). Fauser LXXXIV. Wüthrich IV, S. 7. – Vgl. Stagl 104. – Einzige illustrierte Ausgabe. Das „Reißbuch“ von Martin Zeiller war zuerst 1632 und 1640 in Straßburg erschienen und „bildet die Grundlage zur ‚Topographia Germaniae‘ von Matthaeus Merian“ (Wüthrich IV, S. 3). „Dem Verleger war es offenbar nur darum zu tun einen geeigneten textlichen Rahmen für eine Abbildungsserie von deutschen Städen zu finden. Für die Illustrierung des Itinerarium Germaniae holte er alle Vorlagen aus den Merianischen Topo- graphien“ (Fauser). – Der gestochene Titel lautet „Itinerarium Germaniae & regnorum vicinorum“, dort findet sich auch der Druckvermerk. – Mit Ansichten und Plänen u. a. von Amsterdam, Augsburg, Brüssel, Frankfurt, Heidelberg, Prag und Würzburg (die beiden letzen jeweils auf zwei Tafeln gedruckt). – Es fehlen die Ansichten von Bamberg, Coburg und Nürnberg.  Titel mit hs. Besitzvermerk, Tafeln tls. bis zum Bildrand beschnitten, gering fleckig, leicht gebräunt.

Schätzpreis 6000,- €

Kircher, A., Ars magna lucis et umbrae, in X. libros digesta.

Editio altera priori multo auctior. Amsterdam, Janssonius undWeyerstraets Erben, 1671. Fol. Mit gestoch. Frontisp., gestoch. Portr., 4 Kupfertafeln, davon eine gefalt. und ausklappbar, 43 (4 ganzseit.) Textkupfern und über 400 Textholzschnitten. 15 Bl., 810 (recte 710) S., 5 Bl. Pgt. d. Zt. (etw. berieben, leicht fleckig).

Dünnhaupt 7.2. De Backer-S. IV, 1050, 9. Ferguson I, 466. Brockett 6731. Tissandier 8. DSB VII, 357.

– Zweite, zugleich letzte Ausgabe der großangelegten „Abhandlung über optische Phänomene, Fluoreszenz, Farben- und Strahlungslehre, Lichtbrechung, Parabolspiegel, Astronomie usw., dabei auch die früheste Andeutung des Prinzips einer Laterna magica“ (Dünnhaupt zur EA 1646); ferner Ausführungen zu Sonnenuhren, Flugmaschinen, das Mikroskop und manch anderes mehr.

Alles in zehn Büchern systematisch geordnet dargeboten, mit welcher Einteilung Kircher auf die Harmonie der altgriechischen zehnsaitigen Lyra, die Bedeutung der Zehn bei Pythagoras als Zahl der Vollkommenheit und die zehn kabbalistischen Emanationen Gottes anspielt und damit seine Absicht sehr selbstbewußt klarmacht, „Die große Kunst vom Licht und vom Schatten“ solle nichts weniger sein als eine wirklich alles umfassende, enzyklopädische Optik oder Lichtkunde (heute hieße so ein Werk „Licht – Die Biographie“).

– Fußsteg des zweiten und dritten Fünftels des Bandes mit stärkerem, wenige Blätter am Seitensteg mit schmalem, leichten Wasserrand; durchgehend gleichmäßig gebräunt, etw. braunfleckig. – Vollständiges Exemplar mit allen Tafeln in ordentlichem Zustand von hervorragender Provenienz: ursprünglich aus der Bibliothek von Theodor Zwinger (1658-1724) aus der alten Basler Ärztefamilie, Professor der Eloquenz, der Physik, der Anatomie und Botanik, der praktischen Medizin und Archiater (hs. Eintrag auf dem Basileensis (der heutigen Univeritätsbibliothek Basel) übergegangen, die es trotz des berühmten Vorbesitzers wiederum später veräußerte (Besitz- und Verkaufsstempel auf dem Titel verso).

Schätzpreis 6000,- €

Orient

Zahlreiche Stücke turkmenischen Schmucks aus einer bekannten Münchener Sammlung  (19. bis frühes 20. Jhdt). Darunter Armreife, Ohr- und Nasenringe, Brust- und Rückenplatten, Ringe und zahlreiche Zopfanhänger. Meist Silber, vergoldet und mit Karneolen verziert.